Oben auf dem Berg herrscht dichter Nebel. Ich will Luft
schnappen und die Hund rauslassen vor dem Termin. Da ich häufig hier oben bin,
kann mir die Atmosphäre nicht mehr so viel anhaben wie früher. Ich parke in der
letzten Ecke des Parkplatzes, steige aus und lasse das Lager hinter mir, als
ich in den Wald laufe. Außer mir ist
niemand da, ich wandere friedlich mit meinen Hunden bergab Richtung Ottstedt am
Berge. Ich denke an alles Mögliche und verirre mich ein bisschen. Die Rehe
wundern sich, warum mitten unter der Woche jemand in ihrem Wald herumläuft. Ich
denke, ich hätte doch Wanderschuhe anziehen sollen. Nach einer Weile suche ich
mir den nächsten Weg wieder bergan, um dann doch allmählich zu meinem Auto
zurückzukehren. Plötzlich stehe ich vor einem dieser kleinen Schilder, die hier
überall aufgestellt wurden, um uns daran zu erinnern, was früher hier war.
Damals. Ein Aschegrab. Ich folge dem Pfad und stehe vor einem rießigen Loch.
Rund herum große alte Bäume. Einer wächst am Rand des Trichters, beinahe als
käme er aus dem Loch empor. Ich frage die Bäume, was sie alles gesehen haben. Die
Hunde schnüffeln und tollen herum, der Kleine pisst an den Baum. War klar. Ich
gedenke der Toten, die hier verstreut wurden und aus deren Arsche die Bäume
wachsen, als sich zwei Menschen nähern. Ich rufe die Hunde. Die älteren
Herrschaften stellen sich neben mich an den Rand des Aschegrabes. Die Hände der
alten Dame umklammern das Geländer. Der Mann neben ihr zittert, sie weint. Ich
stehe da und schaue zu Boden. Nach einer Weile drehe ich mich um und betrachte
die Gedenksteine am Rand des Lochs. Ich seufze. Der alte Mann tritt einen
Schritt näher zu mir. Wen ich verloren habe, fragt er leise. VIERTAUSEND, denke
ich. Viertausend Menschen liegen in diesem Loch. Steht auf dem Schild.
Viertausend Menschen haben wir alle verloren. Ich zucke die Achseln und sage
nichts.
MEMENTO, sagen die Steine.
Ich laufe los, orientiere mich und besuche meinen
Lieblingsplatz: Einen Baumriesen, ganz dicht am Lager. Er ist tot, aber das
macht nichts. Er lässt das Licht durch für all die kleinen Nachkommen, die an seiner
Stelle wachsen wollen. Sie stehen schon rund um ihn herum. Eines Tages wird er
umfallen und die Frage ist, was er unter sich begräbt und was stattdessen
wachsen wird.